Was ist das Problem?
Zug ist der reichste Kanton der Schweiz, doch viele Zugerinnen und Zuger können sich das Leben hier nicht mehr leisten. Viele Einheimische, die etwa hier die Schule besucht, eine Arbeit gefunden und eine Familie gegründet haben, müssen ihre Zuger Heimat verlassen, weil sie die Mieten nicht mehr bezahlen können. Das Problem betrifft indes nicht nur junge Zugerinnen und Zuger oder Menschen mit tiefem Einkommen, auch bei Normalverdienenden hat Zügeln im Moment Hochkonjunktur.
Was sind Ursachen dafür?
Die Bevölkerung im Kanton Zug ist zwischen 2000 und 2010 um fast 15% gewachsen, was weit über dem Schweizer Durchschnitt liegt (1). Dieses Bevölkerungswachstum und steigende Ansprüche haben die Nachfrage nach Wohnraum ansteigen lassen und als Folge davon haben sich die Miet- und Immobilienpreise im Kanton Zug verteuert. Alleine zwischen dem dritten Quartal 2009 und dem dritten Quartal 2011 sind die Mieten im Kanton Zug teuerungsbereinigt um 16% gestiegen (2).
Ein Hauptgrund für das Bevölkerungswachstum ist die aggressive Standort- und Steuerpolitik Zugs. Diese lockt viele internationale Firmen mit deren Mitarbeitern nach Zug. Auf zwei Bewohner der Stadt Zug kommt heute eine registrierte Firma (3). Hinzu kommen solvente Zuzügler, die teilweise von der Pauschalbesteuerung profitieren. Im Gegensatz zu Normalverdienern stellt es für sie kein Problem dar, sich reichlich auf dem Zuger Wohnungsmarkt mit hochpreisigen Immobilien einzudecken. Kein Wunder werden einst erschwingliche Wohnsiedlungen von Investoren saniert, umgebaut und zu luxuriösen Business-Apartments oder Geschäftsräumlichkeiten „aufgewertet“. Zug wird so immer mehr zum Monaco der Schweiz. Die zunehmende Ungleichheit bei der Einkommensverteilung und eine gleichzeitig hohe Bevölkerungswanderung deuten auf die Verdrängung tieferer Einkommensschichten hin (4). Dass das Wirtschaftsmagazin Bilanz in seinem jährlichen Städteranking die Stadt Zug als Ressort für Alte und Reiche anpreist, passt in dieses Bild (5).
Der wirtschaftliche Erfolg des Tiefsteuermodells hat also seine Kehrseite: Dass die internationalen Firmen nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Bedarf an Wohnraum schaffen, wird uns Zugern zum Verhängnis. Neben den überrissenen Mieten sind auch weitere Probleme wie Verkehrsstaus, Baulandverschleiss und ein schleichender Identitätsverlust mitunter Folgen der Tiefsteuerpolitik.
Was verlangt die Initiative?
Bis in 20 Jahre soll mindestens jede fünfte Wohnung im Kanton preisgünstig vermietet werden. Preisgünstig bedeutet hierbei, dass die Wohnungen nach den Grundsätzen des Preisgünstigen Wohnungsbaus oder der Kostenmiete vermietet werden. Um dieses Ziel zu erreichen trifft der Kanton geeignete Massnahmen zur Förderung preisgünstiger Wohnungen. Im Initiativtext werden bereits fünf Massnahmen vorgeschlagen, mit denen das Ziel erreicht werden kann.
Die Politik hat jahrelang zugeschaut, wie die Mieten in Zug durch die Decke schossen und Zuger aus ihrem Kanton verdrängt wurden. Nun ist es Zeit für ein politisches Umdenken. Mit dieser Initiative liegt nun ein effektives Mittel vor, um in Zug wieder für mehr erschwinglichen Wohnraum zu sorgen.
Was versteht man unter preisgünstigem Wohnraum?
Der Ausdruck „bezahlbarer Wohnraum“ tönt im ersten Moment absolut logisch. Aber was genau bedeuten Worte wie bezahlbar, preisgünstig, gemeinnützig oder Kostenmiete? Als gemeinnützig wird grundsätzlich eine Tätigkeit bezeichnet, die darauf abzielt, das allgemeine Wohl zu fördern und dabei keine eigenen Interessen in materieller und wirtschaftlicher Hinsicht verfolgt. Diese Definition können insbesondere Wohnbaustiftungen und Wohnbaugenossenschaften für sich in Anspruch nehmen. Gemeinnützig ist deshalb preisgünstig vorzuziehen. Für den Begriff Preisgünstig existiert auch im Wohnbauförderungsgesetztes des Bundes keine abschliessende Definition sondern Umschreibungen, wie zum Beispiel für „Haushalte mit tiefem Einkommen“ oder „Mietwohnungen mit günstigen Mietzinsen“. Die Schweizerische Vereinigung für Landesplanung schlägt deshalb vor, sich am Begriff der Kostenmiete zu orientieren, denn preisgünstig beziehungsweise bezahlbar ist regional sehr unterschiedlich. Kostenmiete bedeutet, dass der Vermieter des preisgünstigen Wohnraums keinen oder höchstens einen geringfügigen Gewinn auf den Mietzins erzielen darf.
Hat der Kanton Zug nicht bereits ein Wohnförderungsgesetz?
Der Kanton Zug verfügt bereits über ein Wohnbauförderungsgesetz. Dieses schreibt einerseits den Gemeinden vor, dass, wenn möglich, preisgünstiger Wohnraum gefördert werden soll. So kommt es immer wieder vor, dass die Gemeinde Land an Genossenschaften abtritt, um dort den Bau von preisgünstigem Wohnraum zu unterstützen. Verglichen mit dem übrigem Bauaktivismus im Kanton Zug ist dieser Teil jedoch immer noch viel zu klein. Zusätzlich sieht das Wohnraumförderungsgesetz auch individuelle Vergünstigungen für Familien vor, die sich eine Wohnung nicht leisten können. Auch kann der Kanton Tiefzinsdarlehen an Baugenossenschaften ausgeben. Den Genossenschaften fehlt aber vor allem Bauland, welches im Kanton Zug knapp ist und allzu oft dem Meistbietenden verkauft wird. Der eingeschlagene Weg scheint zurzeit nur ein Tropfen auf den heissen Stein zu sein anstatt einen Richtungswechsel einzuschlagen. Mit unserer Initiative soll der Kanton Zug verpflichtet werden den preisgünstigen Wohnungsbau konsequent zu fördern und der besorgniserregenden demographischen Entwicklung in unserem Kanton entgegen zu wirken.
Regelt das nicht der freie Markt?
Für uns junge Zugerinnen und Zuger ist klar: Der Zuger Wohnungsmarkt hat versagt. Durch Spekulation und übermässiges Wachstum sind die Preise exorbitant gestiegen. Es werden vorwiegend Luxuswohnungen für Expats und Pauschalbesteuerte gebaut, während es an Wohnungen für Normalverdienende mangelt. Der Markt ist nicht mehr in der Lage das Grundbedürfnis vieler Zuger nach bezahlbarem Wohnraum zu decken. Damit Zug nicht zur Hochburg der Gutbetuchten verkommt, muss die Politik daher ihre Pflicht wahrnehmen und regulierend in das überhitzte Marktgeschehen eingreifen.
Welche Massnahmen sind denkbar?
Es gibt etliche Massnahmen, welche Kantone und Gemeinden ergreifen können, um den preisgünstigen Wohnungsbau zu fördern. Fünf davon sind als Vorschläge im Initiativtext festgehalten. Einige Zuger Gemeinden haben bereits Massnahmen zur Förderung des Preisgünstigen Wohnungsbaus ergriffen.
So hat die Stadt Zug etwa 2009 mit der neuen Bau- und Zonenordnung Zonen für preisgünstigen Wohnraum geschaffen. In diesen Zonen sind mindestens 50 Prozent der anzurechnenden Geschossflächen für die preisgünstigen Wohnungen reserviert.
Oberägeri kennt bei Neueinzonungen ein Kaufsrecht für die Gemeinde. Das heisst, sie kann bei der Schaffung neuen Baulands einen Teil selbst erwerben und darauf günstigen Wohnraum errichten.
Die Schweizerische Vereinigung für Landesplanung hat 2011 im Auftrag des Amtes für Raumplanung des Kantons Zug einen Bericht verfasst in dem es Massnahmen zur Förderung von preisgünstigem Wohnraum in Bezug auf Zug analysiert: http://www.smv-asloca-asi.ch/news/wp-content/uploads/2013/10/Preisg%C3%BCnstiger_Wohnraum_Zug_2011.pdf
1 Bundesamt für Statistik (BFS), Statistisches Lexikon der Schweiz, Stand am 25.August 2011
2 Immobilien- und Mietpreise im Kanton Zug, Medienmitteilung der Baudirektion Zug vom 21. November 2011
3 Wikipedia: Zug (Stadt), Abschnitt Wirtschaft
4 Nachhaltigkeitsbericht der Stadt Zug, Seiten 17 und 22
5 Bilanz: Städte-Ranking: Die Kriterien, veröffentlicht am 06. Mai 2014